Duftfamilien (erkennen) – die Orientierungshilfe beim Parfum-Shoppen
Lust auf ein neues Parfum? Das freut uns! Wir wissen aber auch, dass es gar nicht so easy ist, das Parfum zu finden, das zu einem passt. Wer sich auf den Weg in die Parfumerie macht, hat es in der Regel viel einfacher als diejenigen, die sich am Sonntag allein durch den Onlineshop klicken müssen. Denn dort fehlen natürlich das olfaktorische Erlebnis und auch die persönliche Beratung. Aber mit dem nötigen Basiswissen könnt Ihr Euch schon einmal eine Orientierung unter Hunderten von Düften verschaffen, um dann im Store den persönlichen Favoriten unmittelbar auf der Haut zu testen. Wir verraten, wie es geht und liefern Hilfestellung.
Die Welt der Düfte ist groß und vielfältig. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Erlaubt ist, was gefällt: Vom Duftklassiker bis hin zum neuen veganen Bio-Parfum, vom edlen Tropfen für 300 Euro über den personalisierten Duft aus der Manufaktur bis zum hochtechnisierten Parfum, das den eigenen naturgegebenen Odeur intensiviert – die Auswahl ist enorm (spannend). Doch auf die Frage, welcher Duft denn nun der richtige sei, gibt es so schnell keine Antwort. Orientierung im Duft-Dschungel geben festgelegte Kategorisierungen: die Duftfamilien. In einer Duftfamilie werden Parfums mit sehr ähnlichen Noten, die einen signifikanten Akkord bilden, zusammengefasst. Werden diesem, für eine Duftfamilie typischen Akkord, weitere Noten beigemischt, bleibt der Akkord dennoch dominant. In der traditionellen Parfumlehre spricht man von sieben Duftfamilien plus der neuen Kategorie der Gourmanddüfte. Wir haben alle im Überblick…
Die sieben Duftfamilien der Damendüfte
Chypre – pudrig, warm, holzig-moosig
Die Chypredüfte gehen auf den ikonischen Duft namens Chypre des weltweit bekannten Dufthauses François Coty von 1917 zurück. Der prägnante Duft war eine Hommage an die Insel Zypern, den Geburtsort der Liebesgöttin Aphrodite, mit Noten von Bergamotte, Patschuli, Labdanum und Eichenmoos. Heute beschreibt die Duftfamilie Chypre holzig-moosige Düfte, die fortwährend auf den klassischen Noten basieren, aber zum Beispiel mit Rose, Jasmin oder Moschus neu interpretiert werden können. Möchte man in der Kategorie der Chypredüfte nach Damen und Herren unterteilen, so zeichnen sich die Herrenparfums oder Eau de Toilettes durch ledrige Noten und edle Hölzer aus.
Duftbeispiele:
Unisex | Comme des Garçons, Comme des Garçons, 1994, Parfumeur: Mark Buxton |
Frauen | Coty, Chypre, 1917, Parfumeur: François Coty |
Männer | Aramis, Devin, 1977, Parfumeur: Bernard Chant |
Floral – pudrig-saft bis sinnlich-schwer
Die Duftfamilie der blumigen Düfte ist eine echte Großfamilie, die sich über eine enorme Vielfalt freut. Blumige Parfums sind entweder leichte und frisch – z.B. mit Maiglöckchen, Freesie, Lavendel und Wasserlilie; oder sanft und weich mit Osmanthus, Mimose, Iris, Violet oder Tabakblüten. Auch sinnlich-schwere florale Düfte sind sehr beliebt. Sie offerieren Noten von Jasmin, Tuberose, Lilie, Hyazinthe, Ylang-Ylang und Narzisse.
Duftbeispiele:
Unisex | April Aromatics, Irisistible, 2018, Parfumeurin: Tanja Bochnik |
Frauen | Dior, Dirorissimo, 1956, Parfumeur: Edmond Roudnitska |
Männer | Chris Collins, Tokyo Blue, 2019, Parfumeurin: Nathalie Feisthauer |
Holzig – intensiv, sinnlich, würzig
Die Duftfamilie der Hölzer entstand bereits in den Hochkulturen in Ägypten und Indien. Häufig verwendete Ingredienzen holziger Parfums sind Sandelholz, Rosenholz, Gujakholz sowie Zedernholz und Pinie. Auch das Oud (Adlerholz) ist eine beliebte Zutat, die in den letzten Jahren in Europa einen echten Hype erfährt. Zuvor wurde das luxuriöse mit Baumsekret versetzte Holz fast nur in arabischen Ländern oder in Asien genutzt. Düfte, in denen hölzerne Akkorde dominieren, sind oftmals intensiv, warm oder rauchig.
Duftbeispiele:
Unisex | Le Labo, Santal 33, 2011, Parfumeur: Frank Voelkl |
Frauen | Guerlain, Vol De Nuit, 1933, Parfumeur: Jacques Guerlain |
Männer | Yves Saint Laurent, Jazz, 1988, Parfumeur: Jean-François Latty |
Leder – markant, rauchig, animalisch
Die Lederduftfamilie ist vergleichsweise klein und fein, denn hier steht Leder als Solitär im Vordergrund. Wichtig zu wissen: Ein Lederakkord wird nicht etwa aus der Tierhaut gewonnen, sondern vom Parfumeur oder der Parfumeurin durch die Kombination mehrerer anderer Ingredienzen nachgestellt. Dabei kommen meist synthetische Duftmoleküle wie IsoButyl Quinoline zum Einsatz, ergänzt durch Moschus, Harze und Hölzer. So können Düfte mit dominierender Ledernote immer wieder anders interpretiert werden – wie mit einer Zugabe ambrierter Noten für den Eindruck von weichem Wildleder oder animalischer Noten für das Erlebnis einen knarzigen schwarzen Leders. Das macht die Parfums der Duftfamilie Leder für Männer und Frauen gleichermaßen interessant.
Duftbeispiele:
Unisex | Chanel, Cuir de Russie Parfum, 1924, Parfumeur: Ernest Beaux |
Frauen | Caron, Tabac Blond, 1913, Parfumeur: Ernest Daltroff |
Männer | Bottega Veneta, Bottega Veneta Pour Homme, 2013, Parfumeure: Antoine Maisondieu + Daniela Andrier |
Ambriert – verwöhnend, warum, luxuriöse
Die sinnlichen und warmen Düfte der arabischen Welt erzählen olfaktorische Geschichten von 1001 Nacht. Der klassische ambrierte (bis einiger Zeit als als “orientalisch” bezeichnete, aber aus ethischen Gründen umbenannte) Akkord setzt sich aus Labdanum, Vanille, Kumarin und Patschuli zusammen, verbunden mit Gewürzen wie Tonkabohne, Muskat, Zimt oder Kardamom sowie Harzen. Auch Ambra darf bei ambrierten Düften nicht fehlen. Je nach Charakter des Parfums, kommen exotische florale Noten, Hölzer oder animalische Ingredienzen (die mittlerweile aber synthetisch hergestellt werden) hinzu.
Duftbeispiele:
Unisex | 27 87, Hamaca, 2017, Parfumeurin: Shyamala Maisondieu |
Frauen | Guerlain, Shalimar, 1925, Parfumeur: Jacques Guerlain |
Männer | Joop!, Joop! Homme, 1989, Parfumeur: Michel Almairac |
Gourmand – süß, intensiv, lecker
Diese trendy Duftfamilie bezirzt mit warmen und “essbaren” Noten aus der Patisserie. Zuckerwatte, Karamell, Kakao, Kaffee, kandierte Früchte, Vanille und Tonkabohne sind die signifikanten Akkorde dieser sinnlich-opulenten und oft sehr süßlichen Parfums, die sich aktuell einer enormen Beliebtheit erfreuen. Das erste erfolgreiche Gourmand-Parfum war Angel von Thierry Mugler aus dem Jahr 1992, geschaffen von den Parfumeuren Olivier Cresp und Yves de Chirin.
Duftbeispiele:
Unisex | Ellis Brooklyn, Sweet, 2020, Parfumeur: unbekannt |
Frauen | Mugler, Angel, 1992, Parfumeure: Olivier Creep, Yves de Chirin |
Männer | Rochas, Rochas Man, 1999, Parfumeur: Maurice Roucel |
Zitrus-Düfte – frisch, spritzig, zitrisch
Zitrus-Düfte werden – wie der Name sagt – von zitrischen Noten geprägt, die aus den Früchten und Schalen, manchmal auch Blüten und Blättern von Zitrone, Orange, Mandarine, Bergamotte, Limette und ihren Verwandten gewonnen werden. Je nach Vision wählt der Parfumeur oder die Parfumeurin die übrigen Zutaten des zitrischen Parfum aus und kreiert so einen eher floralen, holzigen, grün-aromatischen oder auch frisch-aquatischen Charakter.
Duftbeispiele:
Unisex | 4711, 4711 Original, 1792, Parfumeur:in: unbekannt |
Frauen | Dior, Eau Fraiche, 1955, Parfumeur: Edmond Roudnitska |
Männer | Dior, Eau Sauvage, 1966, Parfumeur: Edmond Roudnitska |
Fougère – holzig, bitter, aromatisch
Die Familie der Fougère-Parfums hat ihren Namen vom Parfum „Fougère Royale“, einer Kreation des Dufthauses Houbigant aus dem Jahre 1882. Eichenmoos, Lavendel und Kumarin sind die typischen Zugaben. Übrigens: Fougère ist Französisch und heißt „Farn“. Dieser ist aber (zugegeben missverständlicherweise) nicht in Fougèredüften enthalten – stattdessen aber fast immer Bergamotte, Lavendel und Geranium. In der Fougère-Familie finden sich traditionell deutlich mehr Herren- als Damendüfte, manch einer spricht auch von "Barbershop Scents", weil er sich an die klassischen Duftwässer der Friseure erinnert fühlt. Fougère-Düfte spielen mit dem Gegensatz von süß und bitter und erinnern mit ihren eher kühlen, holzigen Noten an einen feuchten, grünen Wald.
Duftbeispiele:
Unisex | Atelier Cologne, Philtre Ceylan, 2016, Parfumeur:in: unbekannt |
Frauen | Clive Christian, E for Women Green Fougere With Aromatic Lavender, 2017, Parfumeur: Tim Gage |
Männer | Houbigant, Fougere Royale, 1882, Parfumeur: Paul Parquet |
Parfum kaufen leichtgemacht
Wer nun ein Parfum unbedingt online kaufen möchte, dem sollte vorher klar sein, welche Duftfamilien ihn ansprechen. Welches Parfum passt zu mir? Sind es eher die schweren Düfte oder lieber etwas Dezentes? Darf es süß sein oder lieber herb? Wer darüber Klarheit hat, kann dann in einem autorisierten Onlineshop gezielt über die Filterfunktion (sofern vorhanden) nach der Lieblingsduftfamilie suchen. Das Parfum nach Duftnoten suchen? Auch kein Problem: Favorisierte Duftnoten können oftmals in die Suchmaske eingegeben werden. Zusätzlich bieten gute Onlineshops vorab Parfumproben zum Testen an. So ist die Investition in den neuen individuellen „Duftstar“ besser planbar und die Experimentierfreude geweckt.