Die neue Lust am Riechen
TRENDS
Die Pandemie nimmt in vielerlei Hinsicht Einfluss auf unseren Alltag und unsere Lebensgewohnheiten. Auch beim Thema Duft haben sich durch Corona Verhaltensweisen geändert – Parfums und Raumdüfte verzeichnen seit Pandemiebeginn einen Beliebtheitsanstieg, der wohl auch in Zukunft seine Fortsetzung finden wird. Wir erklären was dahinter steckt.
Im Jahr 2021 investierten die Deutschen bereits mehr Geld in Körper- sowie Raumdüfte, als im Jahr zuvor. Ein Zuwachs, der sich mit der Pandemie in Zusammenhang setzen lässt. In Krisenzeiten sollte schließlich auf eines geachtet werden: das persönliche Wohlbefinden. Und wie sollte dies besser funktionieren, als durch Düfte eine Brücke zu Nostalgie und eigener Frische zu schaffen.
Stefanie Hanssen, Inhaberin der Berliner Duft-Manufaktur Frau Tonis Parfum, spricht von “erschwingliche[m] privaten Luxus”, zu dem sich die Deutschen während des Lockdowns, als Ausgleich zum trüben Alltag, verhelfen wollen. Selbst qualitativ hochwertige Parfums sind in für den Durchschnitt finanzierbaren Preisbereichen aufzufinden. Das aktuell erhöhte Interesse an “affordable luxury” und Einzigartigkeit kommt Nischenparfumerien wie Frau Tonis Parfum zugute. Sie liegen beim Trend Duft weit vorne. Auch schon vor Corona wurde in ihrer Branche ein wachsendes Kaufverhalten festgestellt, welches durch die Pandemie nun noch weiter expandiert.
„Man erkennt deutlich, dass die Verwenderinnen und Verwender sich hier wieder mal etwas gönnen wollen – mehr Luxus in Form von Eau de Parfum (EdP) statt Eau de Toilette (EdT) – für den eigenen Wohlfühlfaktor in schweren Zeiten“, analysiert Martin Ruppmann, Geschäftsführer vom VKE-Kosmetikverband.
„Der Trend geht mehr und mehr zu Düften, die eine beruhigende, umarmende Wirkung haben. Parfums mit Aromen von Zedern- und Sandelholz helfen uns dabei, natürlich zu entspannen. Gourmand Düfte mit ihren üppigen Aromen hingegen legen sich wie ein Pashmina Schal um uns und haben eine beschützende Wirkung.“
Parfums verleihen eine individuelle Ausstrahlung, Raumdüfte kreieren eine Atmosphäre.
Die Anzahl an Stunden oder gar Tagen, die während der Pandemie zu Hause verbracht werden, ist bei vielen Deutschen höher denn je. Umso wichtiger ist es Verbraucher*innen daher, die eigenen vier Wände nach ihrem Empfinden auszustatten. „In Wohnräumen geht es nicht um Geruchsneutralisierung wie in Küche oder Bad. In Schlaf- und Wohnzimmern wollen die Menschen über Düfte Stimmungen erschaffen,“ ist Stefanie Hanssens Einschätzung. Bei einem aktuellen Kundenprojekt konzentrierte sie sich auf die Erschaffung eines Raumdufts, der die Baumaterialien Marmor, Stahl und Beton in sich vereint. Für dieses Jahr sind bei ihrer Brand weitere Raumdüfte für den privaten Gebrauch in Planung.
Während des Lockdowns Stimmungen durch Düfte in den eigenen vier Wänden schaffen zu wollen, hat auch Helder Suffenplan – unabhängiger Publizist und Creative Consultant aus Berlin – selbst erlebt:
"Im Lockdown war unser Bewegungsradius stark eingeschränkt und man sollte meinen, dass man weniger Parfum verwendet, wenn man kaum andere Menschen trifft. Überraschenderweise habe ich aber nicht nur häufiger am Tag gesprüht, sondern auch ganz unterschiedliche Düfte verwendet: für die Arbeit am Schreibtisch, fürs Yoga Work Out, ja sogar vor dem Schlafengehen. Ich habe Parfum gezielt eingesetzt, um meine Stimmung und meine Haltung in dieser besonderen Situation zu managen (...). Auch nach dem Lockdown setze ich Parfums bewusst ein, sie können die Vibes eines Raumes vollkommen verändern und die perfekte Umgebung für Kreativität, Inspiration erschaffen. Für Meetings und Begegnungen in fremden Räumen verwende ich gerne Düfte, die eine freundliche, nahbare Aura kreieren – oder auch eine eher distanzierte, ganz nach der Situation."